"Jetzt habe ich drei Tage gegrübelt, was hier eigentlich anders ist - völlig anders"
sagt der Gast vom Seeblickplatz 18. Ich grüble, worüber er denn tagelang grübeln muß - eigentlich sieht man doch alles in ein paar Minuten. Also frage ich ihn erstaunt, ob er es denn jetzt weiß. "Ich höre nichts. Es ist einfach so unglaublich kein Lärm hier. Nur Vögel höre ich. Deshalb merkt man es nicht gleich. Wir sind das nicht mehr gewöhnt."
Seit er mir das gesagt hat vor Jahren, höre auch ich immer wieder mal, dass ich immer wieder mal nichts höre. Und habe dann die zweite Geschichte besser verstanden:
"Weil wir nebenbei die Grillen hören wollen". Ist die Antwort auf meine Frage, wie das denn geht, dass von einer Tafel von über 10 Leuten nachts um 12 Uhr nichts zu hören ist. Obwohl die offenbar ganz gut drauf sind. Und durchaus einiges zu lachen haben. Aber eben sehr leise - Flüsternd eben.
Ruhe ist heilsam und Leise ist angenehm - davon sind wir überzeugt. Und hören es sehr oft von unseren Gästen. Von denen manche länger brauchen als 3 Tage, um das Fehlen von Lärm wahrzunehmen. Wir schaffen deshalb überzeugt und aus ganzem Herzen eine Atmosphäre der Erholung. Und stoßen leider immer wieder mal auf Gedankenlosigkeit oder Unverständnis oder Rücksichtslosigkeit. Die die Ruhe vertreiben: Es geht ja ganz leicht, daß ein Mensch hundert andere sozusagen aus der Ruhe bringt. Wo wir das erleben, müssen wir uns leider unbeliebt machen und auf unsere Regeln und Grundsätze hinwirken. Weil wir die 90% Gäste behalten wollen, die ausdrücklich auch deshalb immer wieder kommen. Und weil wir zugegebenermaßen Rücksichtslosigkeit selbst nicht leiden können.
Deshalb verstehen wir unter Nachtruhe (von 23 bis 7 Uhr) wirklich Ruhe. Also Flüsterton - Zeltlautstärke eben: Der Nachbar darf nichts hören. Das wird von den meisten ziemlich selbstverständlich so erwartet und auch mit sehr wenigen Ausnahmen strikt eingehalten. Die wenigen Ausnahmen werden kompromißlos behandelt.
Komplizierter wird es bei der Mittagsruhe (12-15 Uhr). Die halten manche für antiquiert. Oder unwichtig. Oder gerade dann überflüssig, wenn sie selbst gerade was anderes vorhaben als zu ruhen. Auch unsere Unart, die Tore in dieser Zeit für Kraftfahrzeuge zu schließen, mag nicht jeder. Speziell ein sehr freiheitsliebendes Nachbarvolk aus dem Norden kann damit gar nichts anfangen. Davon versucht uns seit Jahren der Inspektor des ansonsten sehr fürsorglichen Campingführers zu überzeugen. Trotzdem meinen wir zur Mittagsruhe hartnäckig, daß sie kein antiquiertes Konzept ist. Da sind wir beratungsresistent, wie man neudeutsch so schön sagt.
Im Gegenteil: Wer aktuelle Erkenntnisse zur gesundheitlichen Schädigung durch allgegenwärtigen Lärm berücksichtigt, dem ist klar, daß eher diejenigen etwas verschlafen haben, die meinen, ruhen über Mittag sei nur was für Alte. Versuchen wir es doch mal mit anderen Wörtern: etwa Powerschlaf - klingt doch gleich zeitgemäß. Oder Siesta, wie es unser nicht minder freiheitsliebendes südliches Nachbarvolk nennt - das riecht doch gleich nach Urlaub oder abhängen, um es zeitgemäß auszudrücken. Das eine ist die Antwort auf den physiologischen Leistungsknick um die Mittagszeit, das andere - auch, wenn auch zusätzlich erzwungen durch die Hitze dort. Wenn die meisten sich diesen Luxus im Arbeitsleben (noch) nicht leisten können, sollten sie ihn wenigstens in der Erholung geniessen.
Also bitten wir während der Mittagsruhe um Ruhe: Flüsterlautstärke. Keinerlei Radio oder ähnliches. Kein Autotürenschlagen. Keine Rumpelstilzkinder. Keine Kläfferhunde. - Flüsterlautstärke? Hallo! Ist das nicht zu viel jetzt? Oder eher zu wenig - Freiheit? Wie soll man sich denn da unterhalten? Geht schon, wenn man will. Muß auch nicht unbedingt sein: Ein Buch lesen ist auch schön. Oder Musik hören - über (gute) Kopfhörer. Oder den Vögeln zuhören. Oder eben einfach schlafen. Einfach mal versuchen. Oder schwimmen gehen. Oder im Wald spazierengehen. Oder radfahren. Aber einfach all den anderen ihre Ruhe lassen. Und dran denken: Das sind die Modernen! Und die mehreren! Nicht umgekehrt.
"Künstlich erzeugte Dauergeräusche, wie sie beispielsweise von Radio und Fernseher verbreitet werden, sollten außerhalb Ihres Stellplatzes zu keinem Zeitpunkt zu hören sein ..." sagt unsere Platzordnung.
"Soso!" sagt da mancher Gast, "da darf man also nicht mal Radio hören". "Da liegt ein Mißverständnis vor" sagen wir: "Man schon, aber der Nachbar will es grundsätzlich nicht hören." Weil der nämlich selbst einen Radio oder Fernseher oder CD-Player oder DVD-Player oder Computer hat. Dessen selbstgewählten Schall er hören will. Nicht den vom Nachbarn.
Und wegschauen kann man noch ganz gut, aber weghören halt kaum. Und ob man es gleich merkt oder nicht: Diese Art von Zwangsbeschallung nervt (siehe oben). Und das muß nicht sein.
Nun gibt es ja Menschen, die brauchen Dauerbeschallung. Über manche Amerikaner, die generell den Fernseher laufen haben müssen, sagt man ja, die wüßten sonst gar nicht, ob sie noch leben. Bedauerlich. Solche Menschen kriegen den Inhalt oft gar nicht mit - es soll sich halt was tun. Da kann aber der Nachbar nichts dafür.
Ich hatte ja Geschichten angedroht über den Umgang von Menschen zur Ruhe. Eine paßt hier grad:
Eine alte Dame war viele Jahre lang Taxifahrerin. Und hat deshalb immer Radio gehört. Einsteigen, einschalten - immer. Sie brauchte das immer noch. Weil sie dazu auch noch schlecht hört, wird das entsprechend laut - nicht für sie eben, aber für die Nachbarn. Leider ist es ja zusätzlich so, daß gerade kleine Radios zwar auch in der Nähe nur kümmerliche Töne hören lassen, diese aber ganz gut in die Ferne tragen können. Und was schon in der Nähe wegen der mangelnden Qualität keinen Spaß macht, nervt in der Ferne als Quäk-Fragmente erst recht. Da hilft dann auch bayerische Volksmusik nicht drüber hinweg, dass es schlicht als Ruhestörung empfunden wird.
Wie schon erwähnt: Camping hat viel mit Rücksicht zu tun. Was naturgemäß bedeutet, zu Gunsten der anderen zu verzichten.
Ein Gast hat mal gesagt: "Ich bin ja zur Erholung hier, nicht zum Vergnügen". Diesen Spruch habe ich erst nach Jahren tiefer verstanden. Tatsächlich kann Vergnügen die Erholung behindern. Ziemlich oft sogar behindert das Vergnügen des Einen die Erholung des Anderen. Wo dann gerne die Frage nach dem Recht gestellt wird. In diesem Sinne sagen wir: Bei uns gibt es im Zweifel nur das Recht auf Erholung und nicht das Recht auf Vergnügen. Wenn sich beide gegenseitig ausschließen.
.... Forsetzung kommt noch ...
Was noch kommt, wenn ich wieder mal in Laune bin:
Keine Dauerbeschallung im Sanitärbau
Geschichten zur Ruhe / über solche, die sie mögen und solche, die sie nicht mögen
Ruhe ist schnell vertrieben / Was die Ruhe vertreibt:
Mittags Gespräch wie am Viktualienmarkt
Ankunft in Mittagszeit
Dauermusik / Dauerradio: höchste Zeit abzuschalten
Hupen bei der Abfahrt
Nur heute, weil ich Geburtstag habe
Nachts vom Dorf kommen
Guten Morgen um 7 Uhr
Kinder sind halt Kinder?
VW-Bus-Schiebetüre oder Kofferraumdeckel
Wohnwagentüre kann man auch leise zumachen
Links:
Platzordnung
Gesellschaft zur Vermeidung von Lärm
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